Titelbild Interview 4

Heute stelle ich die Fragen an Herr P. Er ist seit 2013 ehrenamtlich bei der Telefonseelsorge tätig und mindestens einmal pro Woche im Einsatz.

 

Gibt es einen erhöhten Beratungsbedarf durch die Pandemie?

So genau kann ich das nicht sagen, aber die Anrufe bei der Telefonseelsorge haben sich seit Beginn der Pandemie um dieses Thema erweitert. Rückblickend hat sich der Inhalt der Anrufe dahingehend verändert, dass anfänglich über die Angst einer Ansteckung berichtet wurde. Neuerdings überwiegt allerdings die Unsicherheit, die von dem Thema Impfung ausgeht.
Aber auch viele Ängste, wie Sorge um den Arbeitsplatz, um die Eltern oder Partner und die Einsamkeit spielen eine erhebliche Rolle.

 

Haben sich die Themen der Beratungsgespräche verändert?

Es ist zu beobachten, dass alle anderen Themen, wegen denen die Anrufer unsere Nummer wählen, nicht weniger geworden sind.
Häufig werden Corona und Eheprobleme oder materielle Nöte in einem Gespräch besprochen.
Daneben gibt es die wiederholten Anrufe, bei denen immer dieselben Probleme besprechen wollen.

 

Was räts du in diesen Zeiten, in denen viele Möglichkeiten und Angebote wegfallen?

Zitat auf hellblauem Hintergrund „Hilfreich ist z. B. eine Situationsanalyse: Was hat sich geändert? Was für Alternativen sehen Sie? Was können Sie selbst ändern?“

Ich habe keine „Patentantwort“. Jedes Gespräch hat seine eigene Dynamik und der Seelsorger muss auf das Anliegen des Anrufers situationsbezogen reagieren. Allerdings rate ich immer wieder von „Spontanreaktionen“ ab.

Hilfreich ist z.B. eine Situationsanalyse: Was hat sich geändert? Was für Alternativen sehen Sie? Was können Sie selbst ändern? Wie können Sie zur Lösung des Problems beitragen?

Wichtig erscheint mir, den Anrufern Mut zu machen, ihre Aktivitäten nicht einzustellen. Sport geht auch ohne Sportstudio, soziale Kontakte kann man auch ohne direkte Begegnung pflegen, Kultur ist nicht nur Theater, Kino oder Museum, es gibt auch die Möglichkeit, z. B. durch Bücher sich kulturell zu bilden.

 

Hast du neue Ansätze in der Beratung entdeckt? Erkenntnisse, die überrascht haben?

Festzustellen bleibt, dass ich langsam „coronamüde“ werde. Ich versuche deshalb, zügig das Thema abzuarbeiten, um mit dem Anrufer schnell zu seiner wahren Situation zu gelangen. Häufig ist Corona nur ein Vorwand, um mit einem Seelsorger zu reden.

 

Welchen Tipp hast du, um gut #durchdenwinter zu kommen?

Gib nicht auf! Es gibt ein Leben mit und nach Corona!

 

Vielen Dank für das Interview!

Das Leipziger Bündnis gegen Depression e.V. dankt …

… dem Verband der gesetzlichen Krankenkassen und dem Verband der Ersatzkassen im Freistaat Sachsen, sowie …